Alter Mann

Alter Mann

Der mit der Mütze

Der mit der Mütze

Direktor Engel

Direktor Engel

Betriebsfest

Betriebsfest

Märchen

Märchen

Ein Mann träumte, er falle

Ein Mann träumte, er falle

Häusliches Beisammensein

Häusliches Beisammensein

Ues gohts guet

Ues gohts guet

Die Hand

Die Hand

Er tritt ab

Er tritt ab

Monsieur Pomme

Monsieur Pomme

Der Träumende

Der Träumende

Ein Beamter

Ein Beamter

Manchmal …

Manchmal …

Gedichtplakate

Eine Aktion im Stadtraum von Schaffhausen mit dem Schweizer Gestalter und Autor Fritz Sauter (www.fritz-sauter.ch).
Für einen Zeitraum von 2 Wochen waren im gesamten Stadtraum von Schaffhausen 14 Plakate an unterschiedlichen Standorten und Vierteln zu sehen.

Die Geschichten und Gedichte stammen sämtlich von Fritz Sauter (Schaffhausen, Schweiz) und werden hier mit freundlicher Genehmigung des Autors eingestellt.
Sämtliche Gedichtplakat-Texte und Bilder unterliegen dem Urheberrecht.
Copyright für die Texte © Fritz Sauter, Schaffhausen 2023 (www.fritz-sauter.ch)
Copyright für die Bilder © Nikolas Hönig, Essenheim 2023


14 Gedichtplakate:

 

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häusliches beisammensein


die butter gehört aufs brot
das kind gehört in die schule
die zeitung gehört zum kaffee
die schuhe gehören nach draussen
das bier gehört in den kühlschrank
die frau gehört in die küche
das steak gehört in den teller
der teller gehört auf den tisch
das kind gehört ins bett
die nachrichten gehören ins fernsehen
der mann gehört in die frau
die sterne gehören in die nacht
die nacht gehört der dunkelheit

 

 


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üs gohts guet

üs gohts guet
gohts üs guet ?
guet gohts üs
gohts noh ?
danke
äs goht
geschter isch es gange
hüt au
momoll
üs gohts guet
mir gohts guet
cha nüüt säge
cha nid jammere
cha nid chlage
wiä gohts ?
gohts guet ?
gohts dir guet ?
nei
nei ?
nid guet ?
gohts dir nid guet ?
wiso nid ?
säg
wiso nid
wiso gohts dir nid guet
wos doch allne guet goht
üs gohts doch guet
und dir nid ?
säg emoll
was machsch dänn
was machsch dänn falsch
das äs dir nid guet goht ?
also mir gohts guet
momoll
bloss e chliny schtadt
und allne gohts guet
das isch schöh
das isch guet
mä hät öppis
vom läbe
wänns eim guet goht
wäme am läbe isch
und mir sind am läbe
dänn hätt mä öppis devo
ma cha verzelle
wies eim goht
und ich
ich bi zfriede
und du nid
du bisch nid zfriede ?
was isch dänn los
mit dir ?
mir händ doch alles
du häsch au alles
häsch alles wat wotsch
da häsch doch immer gseit
du hegisch alles
drum gohts üs guet
gohts üs nid guet ?
doch-doch
üs gohts guet
danke
machs guet
gäll
pass uf dich uf
und tänk dra:
üs gohts guet

 

 


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Die Hand

Sie gab ihm ihre Hand und er nahm sie und
legte sie in den Kühlschrank. Dort liess er
sie ein paar Stunden, um sie zu kühlen, da
er sie von der Dame in warmem Zustand
übernommen hatte. Als er sie abends aus dem
Kühlschrank nahm, war sie von einem zarten,
weissen Hauch überzogen. Die Hand lächelte,
sie hatte keinen Schaden genommen, war aber
doch froh, ans Tageslicht zu gelangen.

 

 


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Halb fünf, nachmittags

Er tritt von einem Bein aufs andere und
sein Gesicht befindet sich im Halbschatten.
Halb 5, nachmittags. Am Herzen trägt
er eine Smith & Wesson, die sich leicht anfühlt
und kühl. Er liebt es, nicht beobachtet zu
werden und selber zu beobachten.
Und er würde warten. Das war immer so
gewesen, wie damals im Süden,
als die Geschichten ihren Anfang nahmen
und er überzeugt war, niemals zu verlieren.
Jetzt ein schneller, kurzer Tritt zurück
und er ist nicht mehr zu sehen,
als ob er nicht existierte, hinter der Wand,
hinter seinem Entschluss,
das Spiel zu gewinnen, um jeden Preis.

 

 


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Monsieur Pomme

Monsieur Pomme lässt den Drachen in die Luft.
Das Kind von Monsieur Pomme sagt lustig:
Lass mich auch mal!
Madame Pomme, die fünf Minuten bewegungslos liegen muss
wegen der Bräune, sagt zu ihrem Gatten: Fliegt er?
Und ob, antwortet Monsieur Pomme.
Dann hat sich der Wind gedreht.
Dann läßt der Drachen Monsieur Pomme in die Lüfte steigen
und Madame Pomme, die fünf Minuten bewegungslos auf der
anderen Seite liegen muss, fragt: Fliegt er?
Und ob, antwortet lustig das Kind.

 

 


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Märchen

Es waren einmal
1 Hänsel
1 Gretel
77 Zwerge
13 Könige
22 Töchter
48 Prinzen
47 Schneewittchen
12 Rumpelstilzchen
52 Prinzessinnen
8 Jäger
99 Zauberer
11 Bauern
57 Söhne
5 gute Feen
und alle alle
assen sie
752’983 Lebkuchen
von der doofen Hex

 

 


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Ein Mann träumte, er falle.

Ein Mann träumte, dass er falle. Dass er falle in ein
tiefes Loch, in eine Tiefe, in ein schwindelerregendes
Nichts, das kein Ende hat und nie einen Anfang hatte
und immer hinab in dieses klanglose, verstummte,
moderige und gottvergessene Loch. Der Schluss
von Etwas. Niemals hat ein Mann die Gewissheit
erhalten, ob es nicht das Ende darstellt, so tief war er
schon gefallen und er fällt ja noch, wie sollte da eine
Verständigung möglich sein, mit uns, die nicht fallen.
Und wenn sein Fall, der ferner und fremder nie sein
wird, wo ist das Ende, wo sollte es aufhören, dieses
unaufhörliche Nichts, das ihn begleitet, ob er fällt oder
nicht fällt, von Anfang bis zuletzt, das ist eine Frage,
die ohne Antwort bleibt und wir warten bis zum Ende,
ob es kommt oder nicht.

 

 


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Der mit der Mütze

Er war der mit der Mütze. Er hatte die Mütze. Er setzte sich die Mütze auf. Er ging damit durch die Welt.
Die Welt grüßte ihn. Und er grüßte vorbildlich: Hühner, Bäume, Brücken, Hunde, Häuser, Fahrräder, Laternen,
Kinder und allerlei mehr. Unter der Mütze gingen seine Schuhe mit. Die Mütze und die Schuhe waren
befreundet. Sie grüßten sich jeden morgen. Einmal passten die Schuhe nicht auf, und der mit der Mütze kam
ins Stolpern. Da flog ihm die Mütze vom Kopfe. Und die Mütze flog in den Fluss. Der Fluss trug die Mütze
davon. Sie winkte zum Abschied. Sie war ein treuer Gefährte. Die Schuhe standen da wie verloren.
Da ging der ohne Mütze hin und besorgte sich eine neue Mütze. Er setzte sich die neue Mütze auf den Kopf.
Er ging weiter. Man muss immer gehen. Er war der mit der Mütze.

 

 


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Alter Mann

Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ein alter Mann wandert auf der Strasse und wird
überfahren. Sein Leichnam kommt in die städtische Leichenhalle. Dort liegt er ein paar
Tage in einer Schublade mit Eis. Von Zeit zu Zeit kommen Leute und der Pathologe
zieht die Schublade heraus, um den Leichnam zu zeigen. Die Leute schütteln ihre
Köpfe, weil sie den toten, alten Mann nicht kennen und gehen. Sie trinken eine Tasse
Kaffee oder etwas Tee und essen Gebäck und plaudern vom Fußball oder von Kleidern,
die in Pastellfarben gehalten sind. Am Montag erkennt ein kleines Mädchen den alten
Mann in der Schublade mit dem Eis und sagt, ja, das ist er. Der Pathologe ist zufrieden
und die Leiche bekommt einen Zettel an die große Zehe und wird schnell verbrannt.
Ein Räuchlein steigt empor, es ist ein stilles Räuchlein und es steigt rasch höher und
verschwindet. Am toten Mann war nicht viel dran gewesen. Niemand ist gekommen.
Der Himmel ist ganz aus Blau gemacht und man wundert sich, dass zu dieser Jahreszeit
der Himmel so hübsch ist und dass man jetzt tot sein kann. Das kleine Mädchen erhält
die Asche in einem Eimer aus Leichtmetall. Es trägt den Eimer nach Hause und öffnet
alle Fenster. In der Küche spricht das kleine Mädchen mit dem Eimer und der Eimer
sagt nichts. Über der Stadt kriecht der Abend langsam. Das kleine Mädchen macht ein
Licht an, dann bedient es die Fernbedienung und isst Leckereien aus der Türkei, die
sind so süss, ja, so süss.

 

 


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Direktor Engel

Direktor Engel
staunte an diesem Abend
nach dem verlorenen Endspiel
nicht schlecht
als er missmutig
die Vorhänge zog
und dabei glaubte er
eine Stimme zu hören
die flüsterte:
»Wir sind immer bei dir«
Direktor Engel
drehte sich um
aber da war schon nichts mehr


»Mit Engel-Zement sind
auch Sie im Element«

 

 


 

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Der Träumende

Der Träumende wird nicht träumen,
er wird hinausgehen,
er wird sich unter den Zweigen des Kirschbaumes alles überlegen,
er wird entschlossen diesen Garten verlassen und nicht zurückblicken,
weil es kein besonderes Verdienst ist,
sich nach Vergangenem zu orientieren.
Er wird draussen sein mit sich selbst und das wird viel sein,
dass es seine ganze Kraft benötigt, um nicht aufzugeben,
er wird frei sein und er wird fern von da sein.

 

 

 


 

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Bleistift

Ein Beamter des städtischen Amtes für Versicherungsangelegenheiten
sass an seinem Pult und döste.
Während er döste, hielt er den Bleistift in der rechten
Hand. Allmählich verspürte der Beamte wie ihn eine
grosse Schwere überkam und in dem Moment,
als er einnickte und sein wuchtiger Kopf auf die
Pultplatte fiel, bohrte sich der spitze Bleistift in
sein Gehirn. Nun, der Beamte verspürte sogleich
ein bisher unbekanntes Kribbeln im Kopf, begab
sich zum Spiegel und sah wie der spitze
Bleistift sich durch sein Gehirn gebohrt hatte
und am Hinterkopf wieder ausgetreten war.
Durch diesen Umstand hatte sich in der
ganzen Länge des Bleistiftes eine Höhle
im Kopf des Beamten gebildet. Er lächelte
als er sah, was passiert war, erzählte
seinen Arbeitskollegen von dem neuartigen
Phänomen, was bei einigen
einen Anflug von Neid hervorrief …

 

 


 

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Manchmal

Manchmal fallen Männer tot auf die Strasse. Minuten zuvor
haben sie sich noch in der Luft befunden, um irgendeiner
Tätigkeit nachzugehen und dann fallen sie mit einem Male tot
auf die Strasse.
Sogleich finden sich Polizisten und Ambulanzen am Unglücksort
ein, um die Lage zu klären, aber es gibt keine Klärung und auch
keine Erläuterungen für diese mysteriösen Vorfälle, die sich in
letzter Zeit gehäuft haben.
Es erstaunt nicht, dass viele Leute, die auf dem Bürgersteig gehen,
nach oben schauen in Erwartung eines aus der Luft fallenden
Mannes, der sogleich tot vor ihnen liegen würde.
Heute, an diesem warmen Frühlingstag ist noch kein Mann aus
der Luft gefallen, aber der Tag neigt sich dem Ende zu.

 

 

 


 

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Ernüchterung am Betriebsfest

In unserer Firma
heissen alle »Mitarbeiter«.
Wir sind
Mitarbeiter,
weil wir mitarbeiten.
Lieber Mitarbeiter –
schreibt der Herr Direktor
in der Hauszeitung.
Zu unserem Direktor
hab ich am Betriebsfest
gesagt:
Lieber Mitarbeiter –
woran arbeiten Sie denn gerade ?
Seither bin ich
kein Mitarbeiter mehr.


 

 

 

 

 

 

Gedichtplakate in Schaffhausen
Texte: Fritz Sauter, Schaffhausen
Grafiken: Nikolas Hönig

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Kontakt

Nikolas Hönig
Illustration und Grafik-Design
Käferbeinstraße 21
55270 Essenheim
E-Mail: info@hoenig-grafik.de
Internet: www.hoenig-grafik.de

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